... von Horst Kull

Eine denkwürdige Begegnung

Nach meinem freiwilligen Eintritt in die Bundeswehr am 3. Januar 1961 ahnte ich nicht, welch interessante Laufbahn ich in der Luftwaffe eingeschlagen hatte. Ich wurde zunächst als Beobachtungsfunker (EloKa) ausgebildet. Bei Göttingen, versteckt im Wald, wurde ich dann in die Geheimnisse des „Kalten Krieges“ eingeweiht: Wir machten im 24 Stunden Rhythmus Schichtdienst. An einem Wochenende im Herbst 1961 fuhren wir auf einem Ford- LKW – auch NATO-Ziege genannt – zur Schichtablösung. Die Anfahrt ging wie immer quer durch den düsteren Wald zum Zielort. Und in dieser Nacht gab es auf einmal eine große Aufregung. Was war geschehen? Einer meiner Kameraden hatte nach Mitternacht ein Autogeräusch am umzäunten Sicherheitsbereich gehört. Mit Taschenlampen bewaffnet machten wir uns sogleich auf den Weg, um die Sache zu ergründen: Am verschlossenen Eingangstor stand ein Fahrzeug mit aufgeblendeten Scheinwerfern. Mit unseren Taschenlampen leuchteten wir das Auto ab. Wir erkannten es als Fahrzeug der Sowjetischen Militärmission, das sich offensichtlich „verfahren“ und uns „zufällig“ gefunden hatte. Die Personen im Fahrzeug bemerkten uns sehr schnell. Sie wendeten nicht, sondern machten sich plötzlich mit hoher Geschwindigkeit rückwärts fahrend aus dem Staub. Sehr wahrscheinlich war ihnen unser Standort im Wald nicht fremd, denn „zufällig“ konnte man uns nicht finden. Es war schon ein mulmiges Gefühl, dem „Feind“ gegenübergestanden zu haben.


Schwein im Glück

Ramona Teil 1

Alle, die ihre Dienstzeit in Wieda und in der Zeit vor dem Bau des Turmes in der alten Stellung auf dem Stöberhai verbracht haben, kennen ein vierbeiniges Wesen namens Ramona, das den Soldaten freundlich gesonnen war. Horst Kull, der in den ersten Tagen seiner Dienstzeit Tuchfühlung mit Ramona aufnahm und wie es zur der Namensbildung kam. Nach unserem Umzug 1962 zum Stöberhai/Südharz in den nahen Grenzbereich zur damaligen DDR lernte ich den Winter von seiner schönsten Seite kennen, denn die Stellung wurde regelmäßig eingeschneit. Die Schneefräse der Bundeswehr hatte durchgehend zu tun, unseren eigenen Zufahrtsweg frei zu halten. War eine Ablösung mit dem Borgward nicht mehr möglich, ließen wir uns mit dem Unimog mit Schneeketten – wir hatten uns auf unseren Schlitten hinten einfach angehangen – zur Einsatzstellung hinaufziehen. Es war schon ein tolles Vergnügen, mit dem Schlitten nach Dienstende den teilweise wieder verschneiten Abfahrtsweg hinunterzurasen. Eines Nachts verirrte sich ein ausgewachsenes Wildschwein in den Stellungsbereich und wollte trotz des geöffneten Tores nicht wieder fortlaufen. Wir hatten ein Einsehen mit dem hungernden Schwein und fütterten es. Wir tauften es „Ramona“. Überkam einen nachts ein Bedürfnis, musste man die Unterkunft verlassen und über den eingezäunten Hof gehen. Nicht selten tauchte dann aus dem Nichts unsere laut grunzende Ramona auf. Es herrschte Einigkeit darüber, Ramona nicht dem Schlachter auszuliefern. Weil ich aber die Einsatzstellung 1964 verließ, kann ich nichts über den weiteren Verbleib von Ramona berichten. Nur noch dies: Unser damaliger Kommandoführer war fast namensgleich mit Ramona. War das Zufall? Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

So also die Erinnerungen des Kameraden Horst Kull.