Reichweite

Wie weit reicht der Stöberhai?

FunkstrahlFrüher, als der Turm noch im aktiven Dienst war, bildeten sich, wie schon beschrieben, Legenden um den Turm und es gab Menschen, die felsenfest der Ansicht waren, dass man von hier aus bis nach Moskau oder noch weiter „hören“ konnte. Neben den schon bekannten und schon geschilderten Mysterien, war das eine häufig geäußerte Frage oder auch felsenfest behauptete „Tatsache“, die man vom Hörensagen kannte. Jedoch galten auch für den Stöberhai mit seinen Empfangsgeräten die physikalischen Gesetze der Ausbreitung elektromagnetischer Wellen, ganz genauso, wie für alle anderen Benutzer der drahtlosen Nachrichtentechnik. Wer sich mit dieser Problematik schon einmal befasst hat oder selbst Funkbetrieb praktiziert hat, stellt schnell fest, dass die Reichweiten überbrückter Entfernungen höchst unterschiedlich sein können. Alle diese Türme, die in den Äther lauschten, also auch der damalige Nachbar auf dem Brocken, (höchster Berg im Harz 1142m) standen eben auf möglichst hohen Bergen mit freier Sichtfläche. Das lässt den Schluss zu, dass hier Frequenzen fast ausschließlich oberhalb des Bereiches der Kurzwelle genutzt wurden. Also Frequenzen, bei denen die Ausbreitung über die sogenannte Bodenwelle stattfindet. Frequenzen im Kurzwellenbereich bis zu 30 Megahertz nutzen auch die Bodenwelle, aber hier treten noch Einflüsse der die Erde umgebenden atmosphärischen Schichten auf, die eine Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen über Reflexionen an diesen Schichten ermöglichen. Dann heißt das Ausbreitung über die Raumwelle und dann können Entfernungen durch Mehrfachreflexionen an diesen Schichten sogar weltweit überbrückt werden. Das wiederum ist abhängig von den Tages- und Nachtzeiten, den Jahreszeiten und auch in erheblichem Maß von der Sonnenaktivität, die wiederum einem ca. 11-jährigen Zyklus unterliegt. Die Frequenzen der kurzen Welle spielten aber auf dem Stöberhai nur eine untergeordnete Rolle. Hier wurden Frequenzen hauptsächlich ab 30 MHz genutzt, der Bereich erstreckte sich in der Radarerfassung bis 40 Gigahertz. Das sind sehr hohe Frequenzen, die schon durch geringe Hindernisse abgeschirmt werden können. Ganz entscheidend für die Reichweiten der empfangenen Signale war immer, wie hoch der Standort der Sendequelle war, oder ob eine sogenannte quasioptische Sicht bestand. Damit ist gemeint, wenn man z.B. auf einem hohen Berg steht, kann man optisch auch nur bis zum Horizont schauen. Das war für die Erfassung der Signale auf dem Stöberhai von großer Bedeutung. Natürlich gab es auch hier durch besondere Ausbreitungsbedingungen Reichweitenerhöhungen, die in einem Fall bei einer sehr hohen Frequenz von ca 5 Gigahertz  (5000 Megahertz) eine Erfassung in einer Reichweite von mehr als 500 Km ermöglichte. (Siehe den Bericht Kriegsschiff auf der Elbe?)

Ein besonderes Handicap in der Erfassung auf dem Stöberhai war unser Nachbarberg, der Brocken. Er schirmte die quasioptische Sicht in Richtung Nord-Ost sehr stark ab, so dass Signale aus diesen Richtungen nur schwer oder gar nicht zu erfassen waren. In süd-östlicher Richtung hingegen war eine uneingeschränkte quasioptische Sicht möglich. Waren es bodengestützte Radargeräte, lag die Erfassungsgenze vielleicht in ca 400 Km, aber auch dann war so ein schwaches Signal schon sehr schwer zu orten. Natürlich war durch besondere Wetterlagen auch in höheren Frequenzbereichen eine Steigerung der Reichweiten möglich, aber das war dann nur von kurzer Dauer und leider waren dann neu erfasste Frequenzen mit Inhalten, die wir gerne ständig gehabt hätten, schnell wieder im Rauschen der Empfänger verschwunden. Wichtig war auch immer wie ein Signal abgestrahlt wurde, geschah dies mit Rundstrahlantennen, war eine Erfassung eher möglich als die der mit Richtantennen stark gebündelten Aussendungen, die in einer Richtung standen, die am Stöberhai vorbeiging. Auch die Sendeleistung des Gerätes, welches empfangen wurde, spielte für die Reichweite eine Rolle, aber viel wichtiger war die Art (Bündelung) der Antenne und die Richtung, in der diese steht. Die größten Reichweiten traten stets im Flugfunk auf, wenn sich ein Flugzeug in einigen tausend Metern Flughöhe befand und der Pilot sich mit der Flugsicherung in Verbindung setzte, um den Grenzüberflug zu melden oder er sprach mit dem jeweiligen Heimatflugplatz. Dann konnten auch schon mal Flugzeuge noch weit über der Ostsee oder im polnischen oder damals noch tschechoslowakischen Luftraum gehört werden. Es gab auch damals manchmal am Wochenende Funkamateure, deren Steckenpferd darin bestand, möglichst große Entfernungen auf Frequenzen im UKW-Bereich zu überbrücken und sich dann zum Senden auf die Fläche des alten Hotels Stöberhai stellten, diese Funker arbeiteten auch häufig mit Richtantennen und ließen mit ihren Aussendungen die Erfassungspulte im Flugfunk „blinken“. Wenn es dann gar nicht anders ging, musste die Polizei die Funkamateure überreden, ihren Sendebetrieb zu Gunsten eines ungestörten Empfangs unserer gewohnten Frequenzen einzustellen. Es gab auch zwei funktechnische Radareinrichtungen des Gegners, die in nur einigen Kilometern Entfernung zum Stöberhai quasioptische Sicht hatten und deren Feldstärken einiger ihrer Radargeräte Vorverstärker der Radarempfänger in der 11.Etage durch zu hohe Eingangssignale zerstörten.