Vertrauliche Meldungen
Berichte des täglichen Dienstes in der Einsatzstellung auf dem Stöberhai.Diese kurzen Berichte aus der damaligen Erfassung haben den Zweck Begriffe wie Spionage oder Abhörturm oder Horchposten zu entschärfen, die nur negative Emotionen wecken. Denn bei all diese Begebenheiten wird doch auch eine Sache deutlich: Hier wurde nicht an der Wand gelauscht oder versucht Intimes zu erfassen, sondern der Auftrag bestand darin, Erfassungsergebnisse zu liefern, um der politischen Führung ein reales Bild der Streitkräfte des damaligen Warschauer Paktes zu vermitteln. Jeder Einsatztag brachte Mosaiksteinchen zutage, aus denen sich ein Gesamtbild der Streitkräfte zusammenfügte. So gesehen, war jeder Einsatztag ein Beitrag zur Erhaltung des Friedens. |
Ausflug in die Ostzone Beim Besuch des legendären General Steinhoff auf dem Stöberhai geschah folgendes. Bei einem Erkundungsflug auf dem Stöberhai, verirrte man sich im dichten Nebel auf die benachbarte Zonengrenze, man konnte aber noch rechtzeitig in den Westen entwischen ohne irgendwelche Folgen, ausser für die Piloten. – S T O P – |
Prager Frühling Anmerkungen zur Niederschlagung des Prager Frühlings – Erinnerungen vom Stöberhai Es soll und kann hier nicht versucht werden eine genaue Schilderung der Vorgänge des Einmarsches der Warschauer Vertragsstaaten im Spätsommer des Jahres 1968 in die CSSR zu präsentieren, aber durch Gespräche mit den älteren Kameraden sind noch einige Erinnerungen an diese Zeit haftengeblieben. Auch durch die lange Zeit, die seit den Geschehnissen vergangen ist, sind nur Bruchstücke erhalten geblieben, aus denen sich die genauen Vorgänge in dieser Zeit nicht mehr rekonstruieren lassen. Aber dafür gibt es Literatur und Publikationen, die diese Ereignisse und die Hintergründe genau beschreiben. In Gesprächen mit den Kameraden, die zu dieser Zeit schon auf dem Stöberhai Dienst taten, ist auch heute noch die Besorgnis um den Erhalt des Friedens in dieser Zeit zu spüren, denn viele hatten bereits eine Familie gegründet und bemühten sich um Wohnungen oder Hausbau für ihre Lieben, eben für das zukünftige Leben mit der Familie. Denn plötzlich wurden die Kameraden, wenn sie nicht im Dienst waren, alarmiert und unverzüglich für unbestimmte Zeit in die Truppenunterkunft beordert, ohne genau zu wissen, was geschieht und wie sich die Dinge weiterentwickeln. Auch für die Erfassung der Truppenbewegungen auf dem Stöberhai kam diese Entwicklung überraschend und auch hier brach eine Zeit der Ungewissheit über die weiteren Geschehnisse an. Während die Ereignisse des Einmarsches der WP-Truppen im süddeutschen Raum in der Nähe der tschechoslowakischen Landesgrenze genauer beobachtet wurden, waren aber auch im Harz die Veränderungen der Dislozierung sowjetischer Truppen im Gebiet der ehemaligen DDR zu erkennen. Erkenntnisse wie die Besetzung der Tower der Prager Flughäfen sowie die Einnahme einiger tschechoslowakischer militärischer Flugplätze und die Sicherstellung von Fernmeldeverbindungen sowjetischer Bodentruppen aus der Luft mit fliegenden Gefechtsständen wurden auch hier erkannt. Die Überwachung des Luftraumes der ehemaligen DDR wurde in dieser Zeit vermehrt durch Einheiten der hiesigen Nationalen Volksarmee sichergestellt, weil die sowjetischen Truppen ihre Kräfte auf das Gebiet der CSSR verlagerten. Für noch lange Zeit nach diesen Ereignissen wurde das Aufkeimen des politischen Widerstandes gegen das damalige Regime unterdrückt. Aber auch hier trug die Fernmelde- und Elektronische Aufklärung in diesen Zeiten dazu bei, dass die militärische Bedrohung eingeschätzt werden konnte und die Bedrohung durch die bewaffneten Kräfte nicht eskalierte und der Frieden erhalten blieb. Der folgende Link zeigt einen detaillierten Bericht eines Soldaten,
www.manfred-bischoff.de/CSSR_1968.pdf – S T O P – |
Zu den Ereignissen 1989 aufgrund der politischen Veränderungen in der DDR die als Meldungen weiter gingen: Nachdem ein Wehrpflichtiger nicht zum Dienst angetreten war, forschte man über seinen gegenwärtigen Aufenthalt nach. Keiner seiner Stubenkameraden und Vorgesetzten wusste etwas und plötzlich rief der Spieß an und sagte folgendes: „Mit dem braucht ihr nicht mehr zu rechnen, ich habe mit seiner Mutter gesprochen und die hat mir gesagt, dass sie von ihm eine Ansichtskarte aus Passau bekommen hat.“ Der Kamerad hatte sich also schon in die Bundesrepublik Deutschland abgesetzt. Oder ein anderer Soldat sollte gegen seinen Willen nach Dresden versetzt werden. Er war wohl jung verheiratet und seine Frau setzte alle Hebel in Bewegung, diese Versetzung zu verhindern. Sie setzte sich mit dem „Demokratischen Aufbruch“ (Damalige Bürgerinitiative in der DDR) in Verbindung und auch mit dem Pfarrer der hiesigen Kirche, diese Leute erreichten schließlich, dass die Versetzung rückgängig gemacht werden konnte. Auch durften ohne besondere Anmeldung diese Bürgerinitiativen die Kasernen dort betreten, um sich die Waffensysteme anzuschauen, was den Unmut der dortigen Kommandeure erregte. Nach dem 9. November diskutierten die Soldaten und Zivilbeschäftigten erregt, wann sie denn nun endlich auch einmal in die Bundesrepublik fahren könnten. – S T O P – |
Russisch für Anfänger In der Fernsprechvermittlung einer Dienststelle vermittelte ein Dame mit resoluter Stimme die Gespräche der Soldaten zu den gewünschten Gesprächsteilnehmern. Eine kleine Hürde war aber vor der Verbindung mit dem gewünschten Teilnehmer zu überwinden. Die Anrufenden mussten der Dame die gewünschte Rufnummer in Russisch buchstabieren, darauf bestand sie ohne Ausnahme und nur sehr zögerlich gingen diese darauf ein. Wahrscheinlich hatten die meisten keine Lust oder keine Zeit für diesen unverhofften Exkurs in die Sprache der Freunde. Es entstand meist ein kurzes Wortgefecht, bei dem die Zornesader des Anrufenden schwoll, letztlich blieb dem Geplagten aber keine andere Wahl, die Rufnummer in Russisch zu buchstabieren. Die Dame in der Vermittlung kommunizierte dagegen immer mit den Anrufenden in Russisch und ermahnte diese nun endlich auch Russisch zu sprechen. Der russischen Sprache waren wohl doch nicht immer alle gewachsen oder wollten sich mit dem Vokabular nicht auseinandersetzen. – S T O P – |
Nahrhafte Deckrufdurchgabe In einer russischen funktechnischen (Radar)Einheit (Hasselfelde) (Heute ist da genau an der Stelle eine sogenannte Westernstadt als Unterhaltungspark eingezogen) gab es früher Gespräche zwischen den Soldaten der zusammenwirkenden Einheiten, die zuweilen einen merkwürdigen Gesprächsinhalt hatten. Besondere Ereignisse wurden getarnt mit sogenannten Deckwortdurchgaben übermittelt. Stets auf der Suche nach solchen Deckwörtern fiel von diesem Standort eine Bezeichnung, die man noch nie vorher gehört hatte. „Schtschavel“ hieß das Wort, das in dem Inhalt des Gespräches dauernd erwähnt wurde. Nun, um was konnte es sich da handeln? Der Gesprächsinhalt war sehr lückenhaft zu hören, lediglich das Wort „Schtschavel“ war deutlich zu hören. Aufregung war zu spüren, was sollten wir tun.? Die Antwort auf diese Frage erhielten wir einige Zeit später von einem Kameraden, der, als er die Wortfetzen und in diesem Zusammenhang das Wort „Schtschavel“ hörte, sich vor Lachen auf die Schenkel schlug. „Schtschavel“ war nämlich das russische Wort für Sauerampfer, der zur Aufbesserung der Soldatenkost von einem Feld geerntet wurde und zur Konservierung eingekocht wurde. So war „Schtschavel“ keine Bedrohung für den Weltfrieden, sondern nur die vitaminreiche Verpflegung der Truppe. In einem späteren Gespräch aus diesem Standort wurde übrigens der Hinflug des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan im Juni 1987 nach Westberlin gemeldet, der Soldat schrie ganz aufgeregt “ Рейган летит, Рейган летит“ (Reagan fliegt…Reagan fliegt) Reagan hielt dort seine historische Rede mit dem Hinweis Mr. Gorbachev, open this gate! Mr. Gorbachev, tear down this wall!
– S T O P – |
Kriegsschiff auf der Elbe? Es war im Jahr 1977, da wurde auf dem Stöberhai in der Einsatzstellung die 11. Etage (Elo-Aufklärung)gründlich neu verkabelt und umgebaut, währenddessen fand die Erfassung der Elo-Aufklärung vorübergehend in der 6. Etage statt. Es gab dort nur Raum für einen Arbeitsplatz und dieser war mit einer Parabolantenne verbunden, die sich auch in Höhe der 6.Etage befand. Dieser Platz bot hervorragende Empfangsmöglichkeiten, was eventuell auf die kurzen Leitungen von der Antenne zum Empfänger zurückzuführen war. Es können aber auch ungewöhnliche Ausbreitungsbedingungen aufgrund der Wetterlage gewesen sein. (Eher wahrscheinlich) Es war in den Nachmittagsstunden, als das sogenannte Diensthabende System routinemäßig überprüft wurde und dann immer einiges zu tun war, die empfangenen Signale zu analysieren, zuzuordnen und weiterzuleiten. Plötzlich wurde bei ca. 5 GHz ein sehr starkes Signal empfangen, dass aufgrund dessen auf einen Standort unweit unserer Einsatzstellung hindeutete. Es wurde aber aus einer nordöstlichen Peilung erfasst, die routinemäßig nicht zuzuordnen war. Auch die Parameter waren zunächst keines bekannten Standortes oder Gerätes zuzuordnen. In diesem Fall versuchten wir durch Peilungen der Nachbarsektoren den Standort zu bestimmen. Da das Signal eher aus nordöstlicher Richtung erfasst wurde, baten wir den Fernmeldesektor B um Peilhilfe. Der jedoch konnte das Signal nicht feststellen. Nach einer gründlichen Untersuchung der technischen Parameter passte das Signal zu einem Zielzuweisungsradar (Hawk Screech) auf bestimmten Schiffen des damaligen Warschauer Paktes. Aber das Signal hier sollte ein Schiff sein?? Noch dazu in dieser Feldstärke?? Und die Peilung deutete eher auf die Elbe, wenn es schon ein Schiff sein sollte. Also baten wir den Fernmeldesektor A um Peilhilfe, der das Signal auch tatsächlich bestätigen konnte. Hier ortete man das Signal fast genau in östlicher Richtung, also schnurgerade ostwärts auf die Ostsee zu. Auf der Karte schauten wir, wo die Peilungen zusammenführten und es traf uns fast der Schlag. Der Standort der Signalquelle wurde in der Danziger Bucht geortet und es war tatsächlich ein Kriegsschiff des damaligen Warschauer Paktes. Es war das einzige Mal, soweit ich mich erinnere, dass wir im Harz ein Signal eines Schiffes geortet haben und es ist danach auch, nach meinem Kenntnisstand, nie wieder vorgekommen. – S T O P – |
Veränderung der Entwicklung an der innerdeutschen Grenze durch Matthias Rust Ab 1987, wie viele vielleicht wissen, gab es einen jungen Piloten, der Matthias Rust hieß. Er landete in diesem Jahr mitten auf dem roten Platz in Moskau. Das war am Feiertag der Grenztruppen und stellte eine Schmach dar für die Grenzsoldaten, die den Eisernen Vorhang gegen Eindringlinge schützen sollten. Im Bereich der innerdeutschen Grenze waren sukzessive Veränderungen ab diesem Ereignis auch auf dem Stöberhai zu erkennen, es betraf die funktechnischen Kompanien der sowjetischen Luftverteidigung. Teilten diese vorher ihre Luftlagen mündlich mit, änderte sich die technische Ausstattung doch recht schnell, möglicherweise eben durch dieses peinliche Ereignis. Später hörte man von diesen Kompanien kaum noch ein gesprochenes Wort, mehr und mehr wurde rechnergestützte, verschlüsselte Technik eingesetzt, um die Luftlage möglichst zeitverzugslos weiterzugeben. Die Grenze wurde also ab 1987 nochmal für kurze Zeit noch undurchdringlicher, bis die Wende dieselbe schneller beseitigte, als das jemals jemand für möglich gehalten hätte. Später im vereinten Deutschland erkundeten wir die Reste solcher verlassenen funktechnischen Kompanien, die absolut keine Spuren mehr der eingesetzten Technik enthielten. Als wäre der Eiserne Vorhang nur ein Albtraum gewesen. – S T O P – |
Die Vorhersagen des klugen Wachhundes Wer die Spiele der Fußballweltmeisterschaft 2010 verfolgt hat, erinnert sich sicher an die kluge Krake, die stets den Ausgang der Spiele richtig vorausgesagt hat. Ein solches Phänomen gab es auch auf dem Stöberhai, zwar nicht so spektakulär wie die Krake, aber durchaus zutreffend. Bestimmte Einsätze, die mit fliegenden Gefechtsständen an Bord eines Flugzeuges durchgeführt wurden, verursachten eine Menge Arbeit durch Meldeerstattung und Beobachtung mehrerer Frequenzen gleichzeitig. Das Flugzeug startete von einem Flugplatz südlich von Berlin und musste erst eine bestimmte Flughöhe erreichen, damit es erfasst werden konnte. Solche Einsätze waren beim Personal nicht sehr beliebt, weil sie ständige Aufmerksamkeit erforderten und die übrige Arbeit auch erledigt werden musste. Jede Frühschicht auf dem Stöberhai war also offen, hinsichtlich der Ereignisse, die geschehen sollten. Doch nun zum Kern der Anekdote. Immer wenn der Tagschichtbus in die Schleuse zur Einsatzstellung fuhr und der Schäferhund eines Wachmannes vor dem kleinen Wachhäuschen in der Schleuse lag, war ein Kamerad steif und fest der Überzeugung, heute steht wieder ein solcher langwieriger Einsatz dieses Flugzeuges bevor. Und ich will es nicht abstreiten, wenn auch nicht hundertprozentig, aber fast immer war es so, eine knappe Stunde später wurden die ersten Sprechverkehre dieses Einsatzes erfasst. So hatte der Kamerad und der Hund recht behalten und einige anstrengende Stunden standen den Erfassern bevor…. – S T O P – |
Event im Äther Manöverbeobachter in der ehemaligen DDR wurden fernmündlich angekündigt. Auch vertrauensbildende Maßnahmen, wie das Zulassen westlicher Militärbeobachter bei Übungen der Armeen des damaligen Warschauer Paktes wurden registriert. Es war im Frühjahr 1989, als eine militärische Richtfunklinie im Bereich der damaligen 3. Stoßarmee in Magdeburg überwacht wurde. Sonst waren hier nur Gespräche der Funker in russischer Sprache zu hören, meldetet sich nun plötzlich eine deutsche Stimme und bat um Vermittlung zum Truppenübungsplatz Klietz, zum dortigen Gefechtsstand. Hier fand eine Übung statt, zu deren Verlauf westliche Militärbeobachter eingeladen waren. Ein Oberst der ehemaligen Nationalen Volksarmee übermittelte die Ankunft eines dunkelblauen Mercedes in den Mittagsstunden am Grenzübergang Marienborn. Drei Offiziere der Bundeswehr sollten zeit- und verzugslos mit dem Fahrzeug zum Truppenübungplatz Klietz fahren, um rechtzeitig zum Manöverbeginn dabei zu sein. Es wurde Essen für die Herren bestellt und um eine zurvorkommende Betreuung der Beobachter gebeten. Im Zuge des Aufbegehrens der oppositionellen Bürgerinitiativen in der DDR in dieser Zeit war dieses „Event im Äther“ für uns trotzdem ein Novum, dass erstmals Bundeswehroffiziere über den Grenzübergang Marienborn fahren, war doch die innerdeutsche Grenze in dieser Zeit noch gerade für uns ein Sperrgebiet einer verbotenen Zone, die wir nicht glaubten, jemals einmal überwinden zu können. – S T O P – |
Ein dumpfer Schlag an der innerdeutschen Grenze Zu Zeiten der innerdeutschen Grenze war manchmal in ihrer Nähe ein dumpfer Knall zu hören, der zu einem Grollen verebbte und man hörte dann schwach ein Geräusch, wie ein es nur ein Strahlflugzeug verursachen konnte. Heute ist in unseren Breiten der Luftraum voll mit Flugzeugen in und aus allen Richtungen, aber damals war es äußerst selten, im grenznahen Raum ein Düsenflugzeug am Himmel auszumachen. Der Grund war, dass nur die Alliierten Streitkräfte in Grenznähe fliegen durften. Die anfangs erwähnten dumpfen Schläge hatten einen militärischen Hintergrund, damals gab es noch ein geheimnisumwittertes Aufklärungsflugzeug mit der Typenbezeichnung SR-71. Dieses Flugzeug war in der Lage Aufklärungsflüge in Höhen von ca. 22000 Metern und mehr mit dreifacher Schallgeschwindigkeit unmittelbar entlang der Grenze des Eisernen Vorhangs durchzuführen. Die Flüge waren durch die hohe Geschwindigkeit der SR-71 nur kurz und das Flugzeug brauchte vom Heimatflugplatz in England bis zur DDR-Grenze und weiter bis Österreich und wieder zurück kaum mehr als eine Flugstunde. Bei dieser enormen Geschwindigkeit konnte das Flugzeug kaum Kurskorrekturen ausführen und es kam schon mal vor, das der Flugweg auch über DDR-Gebiet führte. Auf dem Stöberhai blieben uns diese Einsätze nicht verborgen, die gegnerische Truppenluftabwehr kündigte diese erkannten Einsätze der SR-71 mit dem Deckwort „Jastreb“ an, was uns veranlasste, die Reaktionen des Gegners zu beobachten. Fast immer stiegen sowjetische Abfangjäger MIG-25 vom brandenburgischen Finow auf, um die SR-71 abzufangen. Um annähernd die hohe Geschwindigkeit parallel des Aufklärers zu erreichen, war der gesamte Luftraum der DDR für den Anflug nötig. Auch die MIG-25 erreicht Flughöhen bis über 20 km und begleitete die SR-71 kurz. Aktivierte Stellungen der Truppenluftabwehr deuteten auf Gegenmaßnahmen zu diesen Flügen hin. Aber auch wenn möglicherweise der Luftraum des ehemaligen Warschauer Paktes bei diesen Flügen kurzzeitig verletzt wurde, kam es nie zu bedrohlichen Situationen, wie etwa dem versuchten Abschuss des Aufklärers. Die Vernunft und Einschätzung der Verhältnismäßigkeit der Mittel hatte immer die Oberhand, so dass es zu keinem ernsthaften Zwischenfall kam. Aber auch bei solchen Einsätzen zeigte sich, wie wichtig die Beobachtung dieser Einsätze durch die Fm/Elo-Aufklärung für eine Lagebeurteilung war. – S T O P – |
Fernfliegerkräfte und Bohnerbesen Freitags war in unserer Einsatzwache im 11. OG in der Tagesschicht immer Großreinemachen angesagt. Da legte unser Wachleiter großen Wert darauf und jeder hatte, wenn es der Einsatz erlaubte, sein Scherflein dazu beizutragen. Es wurden erstmal die Tische abgewischt, der Boden gefegt und anschließent musste gebohnert werden. Dazu hatten wir einen elektrischen Bohnerbesen, der mit rotierenden Schwabbelscheiben die Platten des Fehlbodens zum Glänzen brachte. Als ich als junger Soldat in die Einsatzwache kam, tat ich mich schwer mit diesem Teil und einmal stellte ich mich auf den Bohnerbesen. So stand ich auf dem Teil und ich oder (eher) ein boshafter Kamerad schaltete das Ding ein. Sogleich begann sich der Besen mit mir um die eigene Achse zu drehen und wickelte langsam die Netzzuleitung auf. Ich wurde dann durch Abschalten erlöst unter schallendem Gelächter der Kameraden und hatte die Allerwertestenkarte. Aber das nur nebenbei…sehr oft wurde das Reinemachen durch Einsätze der sogenannten sowjetischen Fernfliegerkräfte unterbrochen. Diese flogen Kurse von Flugplätzen in Weißrussland über die Ostsee und flogen dann unweit parallel der innerdeutschen Grenze durch die gesamte DDR und über die damals noch sogenannte Tschechoslowakei zurück nach Russland. Wir hatten im 11.OG in der elektronischen Aufklärung die Aufgabe mit Hilfe der Radaraussendungen der Flugzeuge den Kurs zu verfolgen um herauszufinden, welchem Zweck dieser Einsatz der Fernfliegerkräfte diente. Diese Einsätze erforderten alle Kräfte und Arbeitsplätze, weil eine Vielzahl von Frequenzen bearbeitet werden mussten, um zu erkennen, um welche Flugzeugtypen und Anzahl es sich handelte. Oft konnten aufgrund der Flugkurse Scheinangriffe auf Großstädte erkannt werden. Diese Flüge fanden sogar am Heiligen Abend statt, weil früher unser Weihnachtsfest in Russland dort offiziell nicht gefeiert wurde, sondern erst am Neujahrstag. Da konnte dann für die diensthabenden Kameraden keine rechte Weihnachtsstimmung aufkommen. So wollen wir heute dankbar sein, dass all das nur noch Erinnerung ist und man doch damals, angesichts solcher Bedrohungen, ein mulmiges Gefühl nicht unterdrücken konnte. – S T O P – |
Der Dienstbetrieb im Turm oder das Leben im Bunker ohne Tageslicht Alle Kameraden, die in den Etagen des 9. 10. oder 11. Obergeschosses Dienst verrichtet haben, waren zu allen Jahreszeiten von der Außenwelt abgeschnitten. Ein Kamerad sagte einmal sehr treffend, der Turm ist wie ein U-Boot, alle sitzen darin und kommen nicht heraus. Denn in diese Etagen waren keine Fenster, die Räume waren klimatisiert, trotzdem aber, vor allem im 11. Obergeschoss war es durch die Wärmeemissionen der Analysegeräte sehr warm. Unsere Verbindung zur Außenwelt bestand nur durch den Empfang der elektromagnetischen Aussendungen und gerade die Kameraden, die immer schon nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze wohnten, fragten sich, wie es wohl aussehen mag, da wo gerade dieses Radarsignal abgestrahlt wurde, dass hier am Empfangsplatz akustisch zu vernehmen war. Oder wie mochte es dem Funker gehen, der gerade auf einem Truppenübungsplatz mit einem Gefechtsstand Verbindung aufnahm und oft stundenlang nach einem Teilnehmer rief, der ihm aus unbekannten Gründen aber nicht antwortete. Oder der Pilot, der am frühen Morgen die Wetterbedingungen über dem Flugplatz erkundete, um herauszufinden, welche Einsätze heute geflogen werden können und ob den noch nicht so geübten Piloten der Flugbetrieb zugemutet werden konnte. Manche Anwohner im Südharz oder auch Angehörige des damaligen Bundesgrenzschutzes sahen Luftfahrzeuge der Grenztruppen der ehemaligen NVA oder jene mit einem roten Stern. Auch wir konnten manchmal bei sehr guter Sicht nach der Nachtschicht, wenn wir dann wieder nach der Ablösung das Tageslicht erblickt hatten, Kondensstreifen einiger Flugzeuge erkennen, weil wir gerade noch die Stimmen der Piloten gehört hatten und wussten, wer da flog. Da war ein sowjetischer Flugplatz (Allstedt) in Thüringen, der Platzflüge durchführte und das Kyffhäuserdenkmal als Wendepunkt nutzte. Oder die ostdeutschen Piloten, die gelegentlich die Wachsamkeit der Flugabwehrstellungen als Zieldarsteller prüften und dann auch recht nahe an die innerdeutsche Grenze kamen, konnten an den Kondensstreifen ausgemacht werden. Eine Grenzverletzung gab es mal, als ein Sportflugzeug von der Bundesrepublik die Grenze zur DDR überflog und daraufhin Abfangjäger aus dem Raum Jüterbog aufstiegen, man konnte deutlich den Abfangkurs des Jagdflugzeuges am Kondensstreifen erkennen. Bei solchen Abfangversuchen hatten die Piloten bestimmte Flugkurse zu erfüllen und dieser hier sah aus wie eine am Himmel gezeichnete Spiralfeder. Auch gabe es mal eine Grenzverletzung durch ein tieffliegendes Aufklärungsflugzeug , das die Südharzorte Bad Sachsa und Walkenried in sehr niedriger Höhe überflog und ein gerade in der Freischicht befindlicher Soldat sah und hörte das dumpfe Propellergeräusch der Maschine. Als wir wieder Dienst hatten, erfuhren wir, dass dieses Flugzeug Probleme mit der elektronischen Navigation hatte und im Sichtflug zu seinem Heimatplatz im brandenburgischen Sperenberg zurückkehrte. Oder es gabe den Fall eines sowjetischen Piloten, der auf einem Flugplatz unweit Kolberg an der polnischen Ostseeküste aufstieg und sich aus unbekannten Gründen mit dem Schleudersitz aus der Maschine herauskatapultierte. Das Flugzeug, eine MIG-23, flog vollbetankt führerlos weiter auf Südwestkurs und wir hörten vom Sprechverkehr einer begleitenden Maschine, dass die Cockpitabdeckung abgesprengt war und sich niemand mehr in diesem Luftfahrzeug befand. Nach Überlegungen, das Flugzeug durch die Truppenluftabwehr abzuschießen, geschah jedoch nichts und so flog die Maschine bis nach Belgien, wo der Treibstoff dann zu Ende ging und das Flugzeug schließlich abstürzte. Die Westgruppe der (WGT – Sowjetische Soldaten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR) pflegte halbjährlich ihre Soldaten auszutauschen und flog vor allem in den Nachtstunden viele Flugplätze in Ostdeutschland an und brachte neue Soldaten aus allen Gegenden der damaligen Sowjetunion zum Militärdienst heran und nahm die Ausgedienten wieder mit nach Hause. Wir hatten die Aufgabe, diese Flugzeuge aufgrund ihrer Transponder-Aussendungen zu ermitteln, um welchen Typ es sich handelte und woher das Flugzeug kam und wohin es wieder zurückflog. Wir haben uns oft im Stillen gefragt, wie es in den Köpfen der ankommenden, neuen Soldaten aussehen mag, die nun eine lange Dienstzeit, fern der Heimat und von ihren Angehörigen, vor sich hatten. Wie froh waren jene, die wieder in die Heimat zurrückkehren konnten? Anders war die Zeit nach der politischen Wende zu Beginn der 90er-Jahre, als die sowjetischen Truppen Deutschland verließen, hatte man den Eindruck, einige der Soldaten wären gerne hiergeblieben, entgegen einer ungewissen Zukunft im eigenen Land. So mögen alle, die diese Zeilen lesen und einmal auf dem Stöberhai am Denkmal der Einsatzstellung stehen, sich ihr eigenes Bild machen, von den Geschehnissen der Zeiten des kalten Krieges und der Geschichte eines Berges, auf dem in den Jahrzehnten der Nachkriegszeit bis 1992 bewusst Geschichte erlebt wurde und der Beginn der Weichenstellungen für ein geeintes Europa aus heutiger Sicht erahnt werden konnte. – S T O P – |
Der Stöberhai im Äther oder Funkübungen auf kurzer Welle Nur wenigen Kameraden blieb diese Sendetätigkeit vorbehalten, aber sie war durchaus für uns interessant, weil wir sonst nur empfangen durften. Denn auch auf dem Stöberhai gab es einen Funkwagen, der mit einem 400W-Kurzwellensender ausgestattet war. Zusätzlich war das Fahrzeug mit Fernschreibtechnik und Kryptogeräten ausgestattet. Es war vorgesehen, bei Ausfall der Drahtleitungen die Meldeerstattung der Erfassung per Kurzwellenfunk sicherzustellen. Diese Arbeit konnte aber nicht von allen durchgeführt werden, weil man für diese Tätigkeit Telegrafiekenntnisse haben musste, also das Hören und Geben von Morsezeichen. Für die Gewinnung von Personal für diese Tätigkeit fand von Zeit zu Zeit ein sechswöchiger Lehrgang bei unserem unvergessenen Fritz Schmidt statt, der ein recht gutes Tempo der Morsezeichen beherrschte. Man verrichtete also Tagesdienst und lernte jeden Tag einige neue Morsezeichen. Es war ein lustiger Lehrgang, weil „Fritze Schmidt“ den trockenen Stoff mit Anekdoten aus seiner Soldatenlaufbahn würzte und es richtig Spaß machte, die neue Kommunikationsmethode zu erlernen. Wir fertigten dann selbst zum Üben noch sogenannte Morsegeneratoren an, mit denen man mit einer angeschlossenen Morsetaste selbst Morsezeichen erzeugen konnte. So ausgestattet, lernten wir die Morsezeichen bis zu jenem Tag, als „Fritze“ uns die Prüfung abverlangte, sechzig Mosezeichen in der Minute mit höchsten drei Fehlern mitzuschreiben.Das klappte auch und wir waren stolz bis es zum Ende des Lehrgangs zum ersten Einsatz ging. Die nächste Funkübung stand an und wir waren als frisch gebackene „Tastfunker“ damit beauftragt, den Eröffnungsverkehr durchzuführen. Mit Spannung betraten wir den Funkwagen und der Kurzwellensender wurde eingeschaltet. Dann galt es noch die richtige Betriebsfrequenz zu ermitteln, denn je nach Tageszeit gab es die sogenannte Tagwelle oder Nachtwelle. Das deswegen, weil im Kurzwellenbereich atmosphärisch bedingt unterschiedliche Ausbreitungsbedingungen herrschen, die den reibungslosen Funkverkehr zu jeder Tages- und Nachtzeit nur auf entsprechenden Frequenzen möglich machen. Dann wurde das Rufzeichen herausgesucht, dass aus einer Kombination von Buchstaben und Ziffern bestand. Schließlich war es so weit, die Antenne musste noch auf die Arbeitsfrequenz des Senders abgestimmt werden und es wurde schon angenehm warm im Funkwagen. Dann begann der Eröffnungsverkehr: Das Fernmelderegiment 71 in Osnabrück war die Leitstelle und rief nacheinander alle seine untergliederten Sektoren des Nordens ab. Der Funker im Regiment in Osnabrück machte sich einen Spass daraus, denn er war Kurzwellenerfasser und er konnte während der Tastfunkerfassung Zeitung lesen und er haute uns Greenhorns die Morsezeichen nur so um die Ohren. So verstanden wir anfangs unser eigenes Rufzeichen nicht und als er uns mehrfach gerufen hatte, fragten wir dann mehrere Male nach. Da die Verständigung durch sogenannte Q- und Z-Gruppen verkürzt wurde (Diese Gruppen und deren Bedeutung mussten wir ja auch noch lernen) ging es dann aber doch recht schnell und die Eröffnung war abgeschlossen. Nach der Eröffnung wurde dann auf Fernschreibbetrieb umgeschaltet und es wurden Texte übermittelt, um die drahtlose Meldeerstattung einige Zeit zu erproben. Wir Tastfunker waren dann entlassen und leider durften wir dann unser Erlerntes nicht weiter in der Praxis erproben. Denn gesendet werden durfte nur, was unbedingt erforderlich war, so war dann erst in vierzehn Tagen wieder Gelegenheit mit Morsezeichen auf Sendung zu gehen. – S T O P – |